Segeln gehen im Spätherbst, mit möglichst viel Sonne und angenehmen Badetemperatur in Wasser. Kurze Flugzeit, auch für Landausflüge interessant, und „mal was anderes“. Das waren die Kriterien für den diesjährigen Oktobertörn. Malta, mit seinen Nachbarinseln Gozo und Comino gerade mal knapp 50 Seemeilen südlich von Sizilien und 150 Seemeilen nördlich der afrikanischen Küste gelegen, verspricht uns all das. Und ist doch als Segelrevier so unbekannt.
Dabei ist schon die Anreise vom Flughafen durch die Stadt eine Reise wert. Denn der Großraum Valetta ist voll kulturträchtiger Bauten, aus unterschiedlichen Epochen, renoviert und naturbelassen. Wir nützen für den Transfer zur Marina mit Hilfe von google maps die Linienbusse, was erstaunlich gut funktioniert. Alle Marinas von Malta befinden sich in den verzweigten Buchten um Valetta. Unser Törn startet in der Marina Kalkara.
Zwei Wochen, die von den Wetterbedingungen unterschiedlicher kaum sein könnten, bin ich mit zwei Crews in dem Revier unterwegs. Wir umrunden dabei zweimal Malta, und einmal Gozo. Kreuzen herrlich auf in der Passage zwischen Comino und Malta. Liegen mit Industrieflair vor einem verschlafenen Städtchen an der Boje, haben malerische Ankerbuchten ganz für uns alleine. Wir wettern ab in der Marina Mgarr auf Gozo, erkunden die Insel mit dem öffentlichen Nahverkehr und zu Fuß.
In der ersten Törnwoche ist das Wetter für uns großartig. Schöner Segelwind und Badewetter mit 23 Grad Wassertemperatur, ideale Bedingungen zum Ankern. Am Wochenende ändert sich die Wetterlage. Ein sich aufbauender Medicane mit ungewisser Zugrichtung dominiert die Wetterlage im Mittelmeerraum, bringt Unwetter und Überflutungen nach Sizilien und Süditalien. Bei uns kommt Schwell mit Wellenhöhe bis 3 m an, teilweise heftige Regenfälle und böiger Wind.
In diesem Blogartikel teile ich mit euch Impressionen über Malta, Gozo und Comino von der Wasserseite. Dabei und im Anschluss an die Fotos habe ich ein paar Informationen und Einschätzungen zu Malta als seglerischer Urlaubslocation zusammengestellt. Viel Spaß dabei!
Segeln um Malta
Die ganze Insel Malta ist der Länge nach von Nordwest bis Südost ausgerichtet und gerade mal 15 Seemeilen lang. Und an der breitesten Stelle, von Südwest nach Nordost gerade mal 7,5 Seemeilen. Eine Inselumsegelung ist einfach machbar, je nach Wetterlage kann man problemlos die andere Inselseite oder die Marina erreichen.

Marina Kalkara, gegenüber von Valetta gelegen. Empfehlenswert für den ersten oder letzten Abend ist das Vereinslokal "Regatta" direkt an der Marina. Unbedingt reservieren.

Die beschauliche Bucht von Kalkara. Am Ende befindet sich eine kleine Werft, die wohl schon hunderte Jahre besteht. Und die Bushaltestelle nach Valetta.

Schon die Ausfahrt aus der Marina macht Laune...

... denn auf der anderen Seite des Wassarms liegt die Altstadt von Valetta.

Und hier geht's nun raus aus dem Hafengelände aufs offene Mittelmeer.
Knapp 6 sm südlich von Valetta liegt vielleicht die schönste Doppelbucht von Malta, zumindest aus Sicht der Ankerlieger: Il-Hofra I-Kibra und Il-Hofra z-Zghira. Wenn die Bedingungen passen, ideal für einen Stopp in der ersten Nacht.

Wir wählen die südlichere Bucht - und haben sie in der Nacht fast für uns alleine.

Die Abendsonne beleuchtet die Kalksteinklippen, und den Durchgang zur nördlichen Bucht.
Direkt südlich der Doppelbucht liegt Kalanka tal-Quali, als Peter's Pool eine landseitige Touristenattraktion.

Bei guten Bedingungen kann man hier vom Klippenüberhang in eine Art Meeresbecken springen. Wir ankern davor, und schwimmen zum Pool. Als wir die nächste Woche wieder hier vorbei kommen, steht hoher Seegang auf die Küste. Der Pool hat sich zum "Blow hole" gewandelt, aus dem meterhohe Fontainen schießen.
Unser Weg führt uns weiter nach Süden. Eine durchziehende Wetterstörung bringt kurze lokale Gewitter und Regenschauer über Land.

Wir warten auf See, bis sich die Lage beruhigt hat.
An der Südostspitze von Malta befindet sich der Industrie- und Containerhafen der Insel.

Es ist beeindruckend zu beobachten, wie die großen Pötte von kleinen Lotsenschiffen in den Hafen geführt werden.

Am Ende der Bucht liegt der kleine Fischerort Marsaxlokk. Hier möchten wir gerne zum Fischessen hin, empfohlen wurde uns das Lokal Carruba, direkt an der Promenade. Leider ist die Einfahrt und die Bucht vor dem Ort sehr flach und das Wetter nachts zu unbeständig angesagt, das möchte ich, ohne gute Ortskenntnisse, nicht riskieren vor Anker.

Wir gehen statt dessen an eine der vielen freien Bojen in der tieferen Nachbarbucht, vor dem Städtchen San Gorg.

Nachts genießen wir surreale Aussichten auf den beleuchteten Industriehafen.

Der nächste Schlag von 20 sm führt uns, auf flotter Raumschotkreuz vor dem Wind, entlang der spektakulären Westküste von Malta.

Unter dem Segel ist die kleine Insel Filfla zu erkennen, die heute komplett unter Naturschutz steht. Auf dem ehemaligen militärischen Übungsgebiet soll angeblich eine mutierte Echsenart mit zwei Schwänzen leben.

Der nordwestliche Teil von Malta ist der landschaftlich reizvollste, zu Wasser und zu Land.

Immer wieder öffnen sich Buchten, Einschnitte, und vom Meer ausgewaschene Höhlen. Nur einige Buchten sind zum ankern geeignet, viele haben dafür zu steinigen Untergrund. Eine kleine Sightseeing Runde sind sie aber allemale wert.

Wir ankern ganz für uns alleine in der so genannten Golden Bay, die auf maltesich Ir-Ramla ta' Ghajn Tuffieha heißt.

Auch aus der Perspektive ist die Bucht sicher sehenswert.

Ob die "Golden Bay" wohl ihren Namen vom Sandstrand hat, oder von ihrer Ausrichtung zum Sonnenuntergang?

Am Morgen sieht die Bucht ganz anders aus, und lädt vor der Abfahrt zum Baden ein.

Nur zwei Seemeilen weiter nördlich liegt das Popeye Dorf - hier ist 1980 der gleichnamige Film entstanden. Heute ist die Filmkulisse eine Touristenattraktion.
Comino
Die ehemalige Pirateninsel Comino ist immer wieder eine beliebte Filmkulisse, und heute mit der "Blauen Lagune" eine Touristenattraktion. Ja, die Bucht und das türkise Wasser sind wunderschön, allerdings tagsüber total überlaufen. Wenn die Touristenboote weg sind, kann man bei ruhigem Wetter die Nacht vor Anker oder an einer Boje verbringen. Oder man ankert vor der Steilküste.
Die Insel hat gerade mal einen Durchmesser von einer Semeile. Die Passage zwischen Malta und Comino ist 0,8 Seemeilen an der engsten Stelle, die Durchfahrt zwischen Comino und Gozo noch wesentlich schmäler. Wir umsegeln die Insel vor der Einfahrt in die Marina von Mgarr.

Vier Seemeilen weiter nördlich sind wir bereits auf Höhe der kleinen Insel Comino, die zwischen Malta und Gozo liegt. Hier einer der beliebten Ankerplätze unter der Burg.

Andere Perspektive auf Comino...

... beim Aufkreuzen in der Passage zu Malta, bei Leichtwind in Woche eins. Im Hintergrund Yachten bei der letzten Testfahrt vor dem Rolex-Race, das am Samstag ab Valetta startet und unter anderem um Sizilien, Lampedusa und Stromboli geht.

Segelspaß an gleicher Stelle in Woche zwei, bei Starkwind und extra hohem Seegang.
Der Düseneffekt zwischen den Inseln verstärkt Wind und Wellen.

Dieses Foto habe ich beim Heimflug machen können: rechts im Bild Comino mit der "Blauen Lagune", hinter dem vorgelagerten Mini-Halbinselchen. Was auf der linken Seite aussieht wie das Maul einer Ratte, ist der Hafen von Mgarr auf Gozo. Auf der linken Seite des "Mauls" sind die Marina für die Yachten und der Fischereihafen, rechts die Mole für die Fähren.
Gozo
Ich persönlich mag die "kleine Schwester" von Malta sehr gerne. Habe hier vor fast 20 Jahren meinen ersten Tauchkurs gemacht, und noch früher mal einen Wanderurlaub verbracht. Seitdem ist viel gebaut worden auf der Insel. Trotzdem geht es hier immer noch viel beschaulicher zu als auf Malta. Gozo misst sieben Seemeilen in Nordwest - Südost Längsrichtung, ist vom Aufbau her eine Miniaturausgabe von Malta.

Den kleinen Hafen von Mgarr teilen sich die Fähren, die Ausflugsboote, die Fischer und die Yachten.

Unser Liegeplatz am Gästesteg - in Woche eins noch ganz beschaulich. Die Hafeneinfahrt ist nach Osten offen, kein Seegang draußen verspricht einen ruhigen Liegeplatz.

In der zweiten Woche sieht das anders aus. Das Sturmtief über dem zentralen Mittelmeer schickt viel Seegang in die Marina, der Schwimmsteg an dem wir liegen bewegt sich "like a snake". Wir bringen alle Leinen aus die wir haben und hoffen, dass unsere Muringleinen am Bug halten. Der Gang an Land über die Planke wird zur Mutprobe.

Mit dem Linienbus machen wir einen Ausflug in die Hauptstadt Viktoria (ehemals Rabat). Ein Besuch der alten und schön renovierten Zitadelle mit ihren diversen kleinen Museen ist lohenswert.

Ausblick von der Festungsmauer der Zitadelle in Richtung Westen. Insgesamt lohnt sich das Bummeln durch die Gässchen der beeindruckende Altstadt. Viel geruhsamer als Valetta, nicht so rausgeputzt. Am Rand der Fußgängerzone befindet sich auch der Busbahnhof der Insel, Knotenpunkt aller Linien, von denen einige bis zur Fähre nach Mgarr fahren.

Wir nutzen Abwettertag zwei für eine Wanderung, von Nadur durch Obstgärten und Gemüsefelder bis zur jetzt wilden Nordostküste.

In Dahlet Quorot tobt heute der Seegang, vor den in den Kalkstein gebauten Buden der Fischer.

Im Sommer gibt es an diesem Kiost Getränke und Snacks, heute sind wir alleine da.

Unterwegs haben wir Kaktusfeigen gesammelt, die probieren wir zurück an Bord. Sehen aber besser aus als dass sie schmecken.

Abends gehen wir dafür lecker essen bei Sammy's. Fangfrischen Fisch und Kaninchen, mit Gemüse und Salat. Das familiär geführte Lokal direkt am Hafen ist absolut zu empfehlen.

Noch ein sunset im Hafen von Mgarr. Der Seegang hat sich etwas beruhigt...

... wir nutzen das Wetterfenster. Mit Rauschefahrt geht es zurück, die Ostseite von Malta entlang und Richtung Valetta.
Valetta
Eine Beschreibung von Valetta würde hier den Rahmen sprengen, deswegen beschränke ich mich auf eine nette, leicht skurrile Entdeckung.

Nicht weit von Kalkara, in der Bucht zwischen den Stadtteilen Vittoria und Senglea, fährt als teil des öffentlichen Nahverkehrs eine Fähre rüber nach Valetta. Für 1,50€ gibt es quasi eine kleine Hafenrundfahrt ...

... inklusive einer Fahrt mit dem Aufzug in einen Stadtpark ...

... mit Aussicht ...

... rüber zu den "Three Cities" (von links) Kalkara, Vittoriosa und Senglea.

Außerdem kann man hier gegen kleines Entgeld dem täglichen Salutschuß bewohnen ...

... oder im Cafe entspannen.

Von hier aus ist man auch direkt in der umtriebigen Altstadt von Valetta. Die zu entdecken überlasse ich euch selbst!
Für wen eignet sich Malta als Segelrevier?
Malta als Segelrevier eignet sich am besten für Menschen, denen der Mix aus segeln, Landausflügen und Kultur gefällt. Dann lässt sich aus jeder Wetterlage was machen. Das Revier ist auf jeden Fall geeignet, einen Herbsttörn mit angenehmen Badetemperaturen zu verbringen. Es ist kein Revier zum Meilensammeln, und auch nichts für Menschen, denen der Komfort einer Marina allabendlich wichtig ist.
Interessant finde ich die Mischung der kulturellen Einflüsse auf dieser Insel zwischen Europa und Afrika. Im Mittelalter war sie Zentrum des Johanniterordens, und dann lange englische Kolonie. Auch arabische und italienische Einflüsse sind deutlich zu sehen. Was auffällt, ist die Freundlichkeit und Gelassenheit der Menschen. Das einzige das mich gestört hat war, die Schüsse vom Volkssport Vogeljagd in den Buchten der Westküste zu hören.
Was ist zu beachten?
Das Revier ist relativ einfach zu besegeln. Vorteilhaft sind etwas Erfahrung im Ankern, am besten Sandgrund wählen, genug Platz zum Schwojen lassen. Achtung vor felsigem Ankergrund. Hilfreich ist mediterrane Gelassenheit wenn etwas mal nicht direkt nach Plan läuft, und das Wetter immer gut im Auge halten. Nicht nur die Windrichtung, auch der Schwell muss berücksichtigt werden. Einlaufende Welle von Wind anderswo kann auch Liegen in Buchten und Marinas ungemütlich bis unmöglich machen.
Neben den Marinas in Mgarr auf Gozo und in der Kalkara gibt es noch weitere Marinas in der weitläifigen Bucht um Valetta. Je nach Stärke und Richtung von Schwell kann das eine gute Alternative sein. Besonders beliebt und geschützt ist die Msida Marina, nördlich von Valetta am Ende des Marsamxett Harbour gelegen. Von hier aus ist man fußläufig in der Altstadt von Valetta.
Charter
Wir haben bei Malta Charter in der Marina Kalkara gebucht. Unsere Yacht war eine Sun Odyssey 439 "Harry the Viking", mit Baujahr 2015 schon vergleichsweise älter, aber einigermaßen in Schuß. Wir hatten zweimal Probleme mit dem Anlasser, die recht zügig behoben wurden, einmal kam der Mechaniker per Fähre zu uns nach Gozo. Das Servicepersonal an der Basis war ausnehmend freundlich und kundenorientiert. Für die Einkäufe am besten über die Marina ein preisgünstiges Taxi zum Supermarkt bestellen lassen.
Öffentlicher Nahverkehr
Am besten kauft man eine aufladbare Karte, von der bei jeder Fahrt mit dem Bus oder der Fähre abgebucht wird. Die gilt auf Gozo und auf Malta. Ansonsten kostet jede Fahrt direkt im Bus 1.50€. Das Geld am besten passend dabei haben, denn die Fahrer können oft nicht rausgeben.
Nautische Literatur
Ich habe natürlich die elektronischen Karten von Navionics dabei, die einen guten Anhaltspunkt bieten. Der englische Revierführer von Rod Heikell ist üblicherweise an Bord, zusätzlich natürlich die Papierkarten, meist aber nur als Übersegler. Sehr nützlich finde ich das englischsprachige "777 Pilot Book - Sicily and Malta", für 69€, www.edizionimagnamare.com. Hier gibt es detaillierte Beschreibungen von vielen Buchten und Häfen, sowie allgemeine Informationen. Auch wenn das Revier Malta nur einen kleinen Teil des Buches ausmacht, hat sich die Anschaffung gelohnt.
Reiseführer
Zusätzlich lohnt sich aus dem Michael Müller Verlag der Reiseführer Malta - Gozo - Comino. Hier sind Geschichte, Kultur und Hintergrund Informationen unterhaltsam aufbereitet. Dazu gibt es Tipps für Landausflüge, kleine Wanderungen und empfehlenswerte Lokale.
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